In seiner Doktorarbeit „Einfach und komplex zugleich: Konversionsprozesse und ihre Beurteilung“ hat Reinhold Strähler vier faszinierende Wege beschrieben, wie Muslime Jesus finden. Wenn man Geschichten wie in diesem Fall Muslimen weitersagt, dann hat man ja auch ein Ziel vor Augen. Deswegen halte ich es für wichtig sich zu überlegen, wie z.B. Muslime Jesus finden können und welche Geschichten dazu passen.
Ich habe hier mal die vier Wege zitiert.
1. Intellektueller Weg: Miriams Weg
Miriam standen als Tochter einer hochgebildeten und angesehenen Familie im Irak alle Wege offen. Ihre Laufbahn über ein Studium zu einer wissenschaftlichen Karriere war selbstverständlich, ebenso wie auch der Islam ganz selbstverständlich zu ihrem Leben gehörte und ihre Identität bestimmte. Während ihrer Schulzeit begann eine religiöse Kampagne, bei der der Islam stärker betont wurde und der gesamte Koran im Unterricht behandelt wurde. Ihre Familie hatte wenig Kontakt mit Christen. Als gebildete und weltoffene Familie hatten sie zwar eine arabische Bibel zu Hause, deren Sprache empfand Miriam aber als schwierig und den Inhalt unverständlich.
Als Miriam 24 Jahre alt war, siedelte ihre Familie nach Deutschland über und damit begann eine neue Phase in ihrem Leben. Sie war fasziniert von der so ganz anderen Gesellschaft und den damit verbundenen Freiheiten und Möglichkeiten. Besonders sprach sie das westliche Frauenbild an. Sie setzte ihr Studium fort und zog von zu Hause aus, was für eine unverheiratete Frau aus dem Orient eigentlich undenkbar ist. Doch das Erleben der großen Freiheiten zeigte ihr auch die damit verbundenen Herausforderungen. Es war nicht einfach, sich mit verschiedenen Jobs über Wasser zu halten. Der Vormarsch des »Islamischen Staates« in ihrer Heimat belastete sie sehr. Sie brauchte Menschen, mit denen sie über ihre Sehnsucht nach Frieden reden konnte.
Eine deutsche Bekannte kritisierte Muhammad, was Miriam wütend machte und sie sogar soweit brachte, dass sie Selbstmordattentäter verteidigte. In ihrem Studentenwohnheim lernte sie koreanische Christen kennen und besuchte acht Jahre lang deren Gottesdienste. Inhaltlich verstand sie wenig, da die dort besprochenen Themen nicht auf Menschen mit einem muslimischen Hintergrund ausgerichtet waren. In einer arabischen Bibel, die sie erhielt, fühlte sie sich ohne Anleitung verloren. Sie störte sich an der Sprache, las aber dennoch immer wieder darin. Zu der Zeit schaute sie christliche Fernsehsendungen mit ihren religiösen und religionsvergleichenden Debatten. Aber irgendwann hatte sie genug davon, weil hier immer ihr Glaube angegriffen und lächerlich gemacht wurde.
Miriam suchte Gott, wusste aber nicht, wo sie eigentlich suchen und zu wem sie beten sollte. Sie las viel und verfolgte viele Debatten. Irgendwann war sie so am Ende, dass sie zu Jesus schrie und um ein Zeichen bat. In dieser Nacht hatte sie einen Traum, in dem sie sich auf einem sinkenden Schiff befand, aber selbst nicht sank. Voller Schrecken und zugleich tief getröstet wachte sie auf. Sie betete und dankte Jesus, dass er sie gerettet hatte. Nach diesem dramatischen Erlebnis bekam sie eine Bibel in einer verständlicheren arabischen Übersetzung und begann, mehr und mehr vom christlichen Glauben zu verstehen. Über einen deutschen Pfarrer kam sie in Kontakt zu einer arabischen Gemeinde und wurde dort 2017 getauft.
2. Weg der veränderten Einstellung: Abdis Geschichte
Abdi wuchs in einer dörflichen Umgebung in Kenia auf, die stark vom Islam geprägt ist und wo Christen als verachtete Minderheit gelten. Als Kind und Jugendlicher hatte er deshalb keine klare Vorstellung über den christlichen Glauben. »Wir kannten nur die eine Seite der Medaille«, erklärt er zu seiner Situation damals. Nach Beendigung der Sekundarstufe zog Abdi nach Nairobi, da seine Schwester schon in der Hauptstadt lebte. Durch sie kam er in Kontakt mit ausländischen Christen. Abdi war gerne mit ihnen zusammen, beim gemeinsamen Fußballspiel, bei Mahlzeiten und den Gesprächen über religiöse Themen. Nach und nach realisierte Abdi, dass die Bibel wertvolle Wahrheiten enthält, und er begann, diesen zu vertrauen.
Abdi war als strenger Muslim erzogen worden. Er war nicht immer begeistert bei der Ausübung der religiösen Riten dabei, aber er mochte den Gemeinschaftsaspekt im Islam. Für seine eigenen Leute existierte der christliche Glauben nicht, sie sahen die Christen als verlorene Menschen an. Doch als Abdi solche Menschen in Nairobi kennenlernte, veränderte sich seine Einstellung gegenüber Christen dramatisch. Die Liebe, die er von ihnen erfuhr, überwältigte ihn. »Die Liebe, die diese Christen füreinander und sogar für Angehörige anderer Religionen haben, das ist es, was mein Interesse weckte.« Diese Liebe machte ihm deutlich, dass es da »eine andere Seite der Medaille« gibt. Etwa zwei Jahre lang war Abdi in Kontakt mit diesen Christen, beobachtete ihr Leben, lernte von ihnen viel über die Lehren der Bibel. Dann war er bereit, zu entscheiden, selbst Jesus Christus nachzufolgen.
3. Mystischer Weg: Vahids Geschichte
Vahid ist Elektroingenieur und kommt – wie auch seine Frau Elham – aus einer wohlhabenden Familie der Mittelschicht im Iran. Der Glaube an Gott spielte für ihn keine Rolle. Er hatte eher eine kritische Haltung gegenüber den islamischen Ansprüchen. Zweieinhalb Wochen nach seiner Hochzeit 2013 starb sein Vater. Daraufhin bekam Vahid Depressionen und Angst vor dem Tod, seine Lebensfreude schwand. Er geriet in eine tiefe Krise und hatte das Gefühl, in einem Sumpf zu versinken. Im Oktober 2016 besuchte eine iranische Freundin das Ehepaar, die in den USA lebt. Sie ist Christin. Vahid ging auf ihr Angebot ein, für ihn zu beten. Während des Gebetes erlebte Vahid eine plötzliche Erleichterung und empfand sich hinterher als geheilt.
Dieses tiefe emotionale Erlebnis führte zu einer kognitiven Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben. Das Ehepaar begann, gemeinsam die Bibel zu lesen und Informationen im Internet zu suchen. Bei einem Besuch in Frankreich nahmen sie zum ersten Mal in ihrem Leben an einem christlichen Gottesdienst teil. Nach ihrer Rückkehr in den Iran stießen sie im März 2017 auf eine Fernsehsendung des christlichen Senders Sat-7. Der Redner ermutigte am Ende der Sendung die Zuhörer, ihr Leben Jesus Christus anzuvertrauen und sich ihm im Glauben zuzuwenden. Das Ehepaar tat dies mit einem Gebet. Bei einem weiteren Besuch in Deutschland ließen sie sich im Juni 2017 in einer persischen Gemeinde taufen.
4. Der Lösung Suchende Weg: Julias Geschichte
Julia wuchs im Iran in einer liberalen, weltoffenen Familie auf.155 Ihr Vater las nur auf Wunsch seiner tiefgläubigen Mutter den Koran, nach ihrem Tod nicht mehr. Julias Eltern führten vor der islamischen Revolution eine glückliche und eher ungewöhnliche Ehe. Die Mutter war in Kleidung und Verhalten westlich geprägt. Julias Vater pendelte im Rahmen seiner Arbeit zwischen dem Iran und der Arabischen Halbinsel hin und her. Dort hatte er amerikanische Arbeitskollegen, von denen einige Christen waren. Von ihnen lernte er viel über den christlichen Glauben und bezeichnete sich schließlich selbst als Christ, ohne aber je offiziell zum christlichen Glauben überzutreten und sich taufen zu lassen. Zu Hause erzählte er seiner Familie viel von dem, was er über den christlichen Glauben gelernt hatte. So wuchs Julia mit dem Leitbild ihrer freiheitsliebenden Mutter und ihrem freidenkerischen Vater auf und übernahm deren Haltung, auch ihre Liebe zum christlichen Glauben.
Nach ihrem Diplom ging Julia ebenfalls auf die Arabische Halbinsel zur Arbeit. Drei Jahre später heiratete sie aus einer Zwangssituation heraus. Ihr Vater hatte zu der Zeit Schulden und ein Bekannter aus dem Iran bot ihm ein hohes Brautgeld an, wenn Julia seinen Sohn heiraten würde. Julia stimmte ihrem Vater zuliebe der Ehe zu. Schon bald stellte sich heraus, dass ihr Mann gewalttätig war. Er begann, Julia zu schlagen. Seine Familie hatte im Blick auf die Rechte von Frauen eine sehr konservative und restriktive Einstellung und so wurde Julia gezwungen, sich zu verschleiern, selbst in Gegenwart ihrer Schwäger, obwohl das im Islam eigentlich unüblich ist. Ihr Mann wurde immer misstrauischer und schikanierte seine Frau zunehmend. Das Leben wurde für sie zur Hölle. Auch die mittlerweile geborenen Kinder wurden vom Vater für die geringsten Versäumnisse geschlagen. Gleichzeitig hatte ihr Mann Affären mit anderen Frauen.
Der religiöse Fanatismus ihres Mannes und seine Gewalttätigkeit verursachten in Julia einen Hass auf den Islam. Sie begann, im Internet nach christlichen Inhalten zu suchen. Besonders die Wunder Jesu faszinierten sie, seine Liebe zu seinen Feinden und seine Demut, wie er etwa seinen Jüngern die Füße wusch. Sie sehnte sich nach einer Alternative zu der Enge ihres Lebens, zu der Gewalt und der Heuchelei von Menschen, die sich fromm gaben, aber völlig anders verhielten. Nach und nach kam sie zu der Überzeugung, dass der christliche Glaube der richtige Weg für sie sei. Zweimal ging sie zum Familiengericht, doch dort erlebte sie nur Ablehnung. So reifte in Julia der Plan einer Flucht.
Die Möglichkeit dazu ergab sich durch einen Besuch bei ihrer Schwester, die in Deutschland lebte. Ihr Mann willigte nach längerem Bitten in eine Besuchsreise ein. In Deutschland angekommen nutzte Julia die Gelegenheit, mit ihren Kindern zur Polizei zu gehen und Asyl zu beantragen. Ihr Mann war außer sich, aber da Julia ihrer Schwester nichts gesagt hatte, konnte diese auch nicht helfen, Julia zu finden. Noch während ihres Aufenthaltes in der Landeserstaufnahmestelle in Heidelberg suchte Julia den Kontakt zu einer christlichen Gemeinde. Später ließ sie sich in einer arabischsprachigen Gemeinde in Stuttgart taufen.
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